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Wagner-Rallye 2004 Pressespiegel
stern.de Kultur & Unterhaltung vom 07.05.2004
»Schlingensief beschallt den Ruhrpott«
Motoren heulen auf. Sekunden später schallen Trompeten und Geigen aus den Dachlautsprechern der Autos nahe dem Recklinghäuser Festspielhaus. Ein Fahnenschwenk von Regisseur Christoph Schlingensief im roten Schumi-Overall und die zehn Wagen brausen los: Start der "Wagner-Rallye" durch das Ruhrgebiet. Bis Sonntag werden zehn Teams mit je zwei Fahrern auf ihrer Tour das Revier über Dachlautsprecher mit einzelnen Orchester-Stimmen aus Wagner-Opern beschallen. Die Rallye gehört zum Programm der Ruhrfestspiele und ist eine Idee des in Oberhausen geborenen Regisseurs und Theaterprovokateurs Christoph Schlingensief.
"Ich will die Oper raus auf die Straßen bringen", sagte Schlingensief. Ein neues Publikum für Opernmusik soll erreicht werden. Sechs Wagner-Opern, darunter "Die Götterdämmerung" und "Meistersinger", werden in den Autos auf CDs abgespielt. Jeder Wagen fährt mit einer Stimme, wie etwa die Hörner oder Trommeln, durch die Landschaft. Damit wolle er zeigen, so Schlingensief, "dass das Einzelne genauso wichtig ist wie das Ganze".
Verbindung von kleinbürgerlichem Leben mit Opernmusik
Rund 300 Menschen aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden hatten sich für die Ruhrpott-Rallye beworben. So wie auch die Studenten Tim Czornohus (27) und Christian Pietzech (23) aus Bochum und Düsseldorf. Als Team "Lohengrin" bestreiten sie mit den Posaunen die Tour. Die beiden wollen "Teil dieses einmaligen Kunstprojekts im Ruhrgebiet sein", wie sie erzählen. "Die Rallye bietet die Chance, die Ruhrstädter zusammen zu schweißen", so Tim.
Im Web: Wagner-Rallye mit Routenplan und Fragenkatalog
20 Aufgaben müssen die Teams während der Rallye bewältigen. Welches Tier ist im Dortmunder Zoo nach einer Wagner-Figur benannt? Wie hoch war die Arbeitslosenzahl in Recklinghausen im Februar? Auch suchen die Teams Wissenschaftler auf. "Die Fragen verbinden das kleinbürgerliche Leben mit Opernmusik, mit dem Ausbildungslager für Studenten und dem Geruch einer Ziege im Zoo", so Schlingensief. Alles gehöre zusammen wie die Einzelstimmen des Orchesters und die Städte im Revier.
"Die Leute werden von Wagner infiziert sein"
Im Internet sind die Aufgaben aufgelistet. "Die Menschen können somit Teil der Aktion werden", sagte Schlingensief. Wer eine Lösung habe, müsse zu den Stationen der Rallye-Teams eilen. Das funktioniere schon gut. Bereits am ersten Rallye-Tag hätten "unglaublich viele Leute" den Teams geholfen.
Bis Sonntagabend werden die zehn Wagen unterwegs sein. "Das soll aber kein Wettrennen sein", stellte Schlingensief klar. Es komme nicht nur auf die Schnelligkeit an, sondern auch darauf, wer die Aufgaben am besten löse. Der Sieger erhält bei der Abschluss-Show mit der Neuen Philharmonie Westfalen im Recklinghäuser Festspielhaus eine Karte für Schlingensiefs "Parsifal"-Inszenierung im Sommer bei den Bayreuther Festspielen. "Die Leute werden nach der Tour von Wagner infiziert sein", prophezeit der Künstler.
Karoline Springer/DPA
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Regisseur Christoph Schlingensief zusammen mit Ziege "Parsival" in einem Wagen seiner Wagner-Rallye (Oliver Weiken/DPA) |
stern.de Kultur & Unterhaltung
Stand 17.05.2004 14:20
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