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Wagner-Rallye 2004 Pressespiegel
derStandard.at Kultur vom 11.05.2004
Aktion hatte "Oper raus auf die Straße" gebracht - Österreich-Ausflug geplant
»Schlingensiefs "Wagner-Rallye" hat ausgeröhrt«
Recklinghausen - Der Autoverkehr im Ruhrgebiet lärmt nun wieder ohne Orchesterklänge - die "Wagner-Rallye" des Regisseurs Christoph Schlingensief hat am Sonntagabend in einer Abschluss-Show mit der Neuen Philharmonie Westfalen im Recklinghäuser Festspielhaus ihr Ende gefunden. Bilanz von Schlingensief über die Aktion im Programm der Ruhrfestspiele: "Viele Menschen auf der Straße, die ich erreicht habe, die sonst nicht zu kulturellen Veranstaltungen gehen. Sie werden sich ihre Idee von der Rallye machen und diese weitererzählen".
"Ich wollte die Oper raus auf die Straßen bringen", meinte der gebürtige Oberhausener, der in diesem Sommer in Bayreuth Wagners "Parsifal" inszeniert. "Und es hat funktioniert. Die Menschen wurden bewegt und zum Nachdenken gebracht." Auf diesem Weg habe er mehr Leute erreicht als die Ruhrfestspiele in den letzten zwölf Jahren.
Bei der Rallye hatten vier Tage lang zehn Auto-Teams mit je zwei Fahrern auf ihrer Tour das "Revier" über Dachlautsprecher mit einzelnen Orchester-Stimmen - wie Hörner oder Geigen - aus Wagner- Opern beschallt. Autobahnen waren tabu. Per Straßenkarte suchte sich jedes Rallye-Team seine Route zu den Zwischenstopps. Während der Tour mussten sie rund 60 Aufgaben lösen - von der Suche nach Wagners Lieblings-Frühstück bis hin zur Frage nach der Arbeitslosenquote im Februar in Recklinghausen.
Siegerteam plant Österreich-Ausflug
"Die Menschen haben uns zugejubelt. Die Hilfsbereitschaft war fantastisch", sagte Tim Czornohus (27), der mit Christian Pietzech (23) die Rallye bestritt. Die Studenten landeten auf Platz zwei. Viele Leute hätten ihnen bei den Aufgaben geholfen, die an jedem Rallye-Tag auch im Internet standen. "Es war ein großartiger Kulturmoment. Die Rallye hat richtiges Ruhrpott-Feeling ausgelöst", meinten die beiden.
"Wie man auf so eine irre Aktion kommen kann, ist unglaublich", meinte ein Recklinghäuser. Es habe sich schräg angehört, wenn die Posaunen auf der Straße erschallten und ein wenig weiter entfernt die Hörner. "Doch sobald das gesamte Orchester synchron geschaltet war, klang die Musik harmonisch." So auch am Sonntag im Festspielhaus auf dem grünen Hügel. Dort kürte Schlingensief das Sieger-Team: den Recklinghäuser Diplom-Ingenieur Clemens Becker (47) und den Komponisten Lutz Thiele (50) aus Gelsenkirchen. Die beiden gewannen eine Karte für Schlingensiefs "Parsifal"-Inszenierung in Bayreuth.
"Die Rallye war ein Befreiungsschlag", sagte Schlingensief. "Ich habe Kraft aufgeladen, um in Bayreuth zu überleben." Er werde nicht in diesem "elitären Kunsttempel" verschwinden, sondern zurück auf die Straße kommen. Ebenso wie das Siegerteam: Die beiden planen jetzt eine Wagner-Tour durch Österreich und die Schweiz. "Damit die Leute über die Musik ins Gespräch kommen so wie bei der Ruhrpott-Rallye", sagte Clemens Becker. Auch Schlingensief will seine Idee exportieren. Nach New York im Herbst nächsten Jahres: "Und so wird mit dieser Rallye Recklinghausen in die Geschichte eingehen."
APA/dpa
http://derstandard.at/?id=1654869
Stand 17.05.2004 14:43
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